Lucius Verus
(Reg. 161 - 169)
Unter Kaiser Nerva (96-98) begann im römischen Reich die Zeit der Adoptivkaiser. Zuvor waren stets die leiblichen Söhne dem Herrscher auf den Thron gefolgt. Die Erfahrung hatte aber gezeigt, daß die Nachfahren eines Kaisers nicht immer die besten Regenten waren. Daher adoptierte Nerva als erster Regent bereits ein Jahr nach Regierungsantritt den späteren Kaiser Traianus als Nachfolger. Erst Marcus Aurelius (161-180) setzte wieder seinen leiblichen Sohn Commodus auf den Thron.
LUCIUS VERUS wurde am 15. Dez. 130 als L. Ceionius Commodus in Rom geboren. Sein Vater gleichen Namens war Adoptivsohn des Kaisers Hadrian, der diesem 136 als L. Aelius Caesar Teile der Regierungsgewalt übertrug. (Nach römischem Recht erfolgte mit der Adoption der Übertritt in eine neue Familie. Dazu war die Annahme des neuen Familiennamens erforderlich.) Aelius starb bereits zwei Jahre später, Anfang 138.Hadrianus wählte sich als neuen Nachfolger Antoninus Pius, den er am 25. Februar 138 adoptierte und zum Caesar ernannte. Der Kaiser verfügte darüber hinaus, daß Antoninus Pius selber noch am gleichen Tag zwei viel versprechende Jugendliche adoptierte, die als Nachfolger vorgesehen waren - M. Annius Verus, den späteren Kaiser Marcus Aurelius, und L. Ceionius Commodus, der sich als Herrscher LUCIUS AURELIUS VERUS nannte. Als Antoninus Pius am 7. März 161 starb, ging die Regierungsgewalt bestimmungsgemäß noch am gleichen Tag auf Marcus Aurelius über. Dieser berief sofort seinen Adoptivbruder Lucius Verus zum Regenten und gab auch ihm den Titel des Augustus. Damit entstand eine neue Form der Regierung. Zum ersten Mal wählte nicht ein Augustus einen Caesar zum Mitregenten, sondern zwei Augusti regierten nebeneinander mit gleichen Befugnissen in einer Samtherrschaft. Die familiären Bindungen wurden darüber hinaus noch enger geknüpft, als L. Verus Lucilla, die Tochter M. Aurels, heiratete.
Schon bald begannen die ersten Bewährungsproben der gemeinsamen Regierung. Im Norden und im Osten erhoben sich gleichzeitig die Feinde Roms. Der seit Augustus immer ängstlich vermiedene Zweifrontenkrieg musste geführt werden. Verus verteidigte den Osten und führte das Heer gegen die Parther. Dabei konnte er auf altgediente und fähige Generäle zurückgreifen. Statius Priscus eroberte Artaxata, die Hauptstadt Armeniens, worauf L. Verus im Herbst 163 den Ehrentitel ARMENIACUS annahm. Avidius Cassius, der Statthalter von Syrien, siegte glänzend in Mesopotamien. Seleukia wurde eingeäschert, Edessa und Nisibis kapitulierten, in der parthischen Hauptstadt Ktesiphon wurde die Königsburg niedergelegt.
Damit war der Frieden im Osten für einige Zeit wiederhergestellt. Diese Siege brachten L. Verus die Siegesnamen PARTHICUS und MEDICUS ein. Es war ein Sieg, gefolgt von Tränen. Die aus dem Osten zurückkehrenden Truppen brachten die Pest mit sich. Verheerend breitete sich das Übel über Kleinasien und Griechenland bis nach Italien aus und erreichte die Hauptstadt Rom. Erst am Rhein machte die Epidemie halt.
Die Seuche und Nahrungsmangel verhinderten den rechtzeitigen Aufbruch beider Kaiser an die nördliche Grenze. Dort war es 166 zu einem verheerenden Einfall von Barbaren über die Donaugrenze gekommen. Auf der ganzen Linie zwischen Regensburg und Wien überschritten Germanen unter Führung der Markomannen den Fluss und die Alpen und gelangten bis Verona. LUCIUS VERUS
Erst 166/167 konnten M. Aurelius und L. Verus ihr Hauptquartier in Aquileia beziehen. Doch einen entscheidenden Schlag vermochten sie nicht zu führen, da abermals eine Seuche unter den Soldaten ausbrach. Auf der Rückreise nach Rom erlag L. Verus Anfang 169 einem Schlaganfall und wurde im Mausoleum Hadrians, der heutigen Engelsburg in Rom, beigesetzt. Lucius Verus war kein schlechter Herrscher gewesen, aber für das Wohl des Reiches hatte er wenig geleistet. Die so überaus wichtigen militärischen Erfolge wurden durch seine Generäle erfochten, während er sich angeblich bei der Jagd vergnügte. In Rom war er eher auf der Rennbahn als im Regierungspalast zu finden. Dem erfolgreichen Politiker, Feldherrn und Philosophen Marcus Aurelius war Lucius Verus in keiner Weise gewachsen.
Zur Münzgeschichte: Lucius Verus galt als sehr eitel. Er war so stolz auf sein gelbes Haar, dass er es angeblich mit Goldstaub puderte, um den goldenen Glanz seiner Locken zu steigern. Den Bart ließ er fast nach Barbarenart lang wachsen. Die Münzen belegen diese Eitelkeit. Die schön frisierten Locken und der gepflegte Bart zieren ein beeindruckendes Portrait. Auf den Münzrückseiten werden häufig die militärischen Erfolge gefeiert. Armenia und Parthia, als Personifikationen der Länder, sitzen trauernd vor den siegbringenden römischen Waffen. Die Siegesgöttin Victoria hält einen Schild, dessen Aufschrift VIC(toria) PAR(thica) den Erfolg der römischen Armee verkündet.
Nach dem Tod ließ Marcus Aurelius für DIVVS VERVS Münzen prägen, die dessen Consecration, die Aufnahme unter die Götter, feiern.